Feuerwehren und Verband tagen: „Lehren aus den Krisen ziehen“
Ort: Heidenheim-Mergelstetten
Datum / Uhrzeit: 08.10.2022
HEIDENHEIM(sam) Am vergangenen Freitag fand die Kommandantendienstversammlung und die Verbandsversammlung des Kreisfeuerwehrverbandes Heidenheim in der Sport- und Festhalle in Mergelstetten statt. Vertreter der Landkreiswehren sowie anderer Blaulichtorganisationen, Gäste aus der Politik und zahlreiche Ehrengäste folgten der Einladung von Kreisbrandmeister Michael Zimmermann und Verbandsvorsitzenden Uli Steeger. So zog man an diesem Abend Bilanz aus dem vergangenen Jahr 2021, blickte aber auch auf aktuelle Krisen und Herausforderungen, welchen sich die Feuerwehren stellen müssen.
„Wenn man die aktuelle Situation verfolgt und betrachtet, könnte man schnell in eine gewisse Ratlosigkeit verfallen“, so Kreisbrandmeister Michael Zimmermann. „Ziel ist es aber im Landkreis, sich bestmöglich auf verschiedene Szenarien vorzubereiten und sich für die Zukunft zu wappnen“. So beschrieb der oberste Feuerwehrmann des Landkreises Heidenheim in seiner Rede die derzeitige Lage um den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine mitten in Europa und die dadurch entstandene Flüchtlingswelle, die latente Gefahr einer nuklearen Katastrophe, die Energieversorgungskrise, die immer noch vorherrschende Pandemie oder auch Naturkatastrophen im In- und Ausland. Die Liste der Krisen, so Zimmermann, ließe sich noch lange fortführen. Die Tatsache, dass der Mensch wandlungs- und anpassungsfähig ist und dazu neigt, Katastrophen schnell zu vergessen, sei im Bereich des Bevölkerungsschutzes und der Politik eine falsche, oder sogar gefährliche Eigenschaft, so Zimmermann weiter und betonte, dass aus den vergangenen Krisen auch Lehren gezogen werden müssen.
Lehren aus Pandemie, Flüchtlingswelle und Naturkatastrophen
Waren früher Krisen und Katastrophen weit weg, trafen die Auswirkungen in den letzten Jahren und auch aktuell den Landkreis Heidenheim. Sowohl die Bewältigung der Pandemie aber auch der Flüchtlingswelle hätte ohne die Hilfsorganisationen im Haupt- und Ehrenamt an vielen Stellen nicht funktioniert. Hieraus konnte man erkennen, dass die Einheiten des Bevölkerungsschutzes sich schnell auf veränderte Situationen einstellen können und handlungsfähig blieben. Die Stärkung des Ehrenamts in den Hilfsorganisationen, aber auch weiterem hauptamtlichen Personal, sei auch weiter erforderlich. Außerdem ist die Vorhaltung von Schutzkleidungen, Sonderausstattungen und logistischen Konzepten, aber auch die Vorplanung geeigneter Liegenschaften als Notunterkünfte zur Aufnahme von vielen Menschen zwingend erforderlich. Um auf Helfer im Bevölkerungsschutz schnell und unkompliziert zugreifen zu können, wurde die „außergewöhnliche Einsatzlage“ eingeführt. Dennoch bedarf es einer Anpassung des Landeskatastrophenschutzgesetzes, so der Kreisbrandmeister, dass ohne Befindlichkeiten von Trägern und Verbänden bei kleineren Katastrophenfällen auch medizinisches Personal eingesetzt werden könne.
Um auf Naturereignisse wie zum Beispiel Starkregen oder dem Ausfall wichtiger Infrastruktur wie etwa langanhaltenden Stromausfällen vorbereitet zu sein, werden im Landkreis Konzepte überarbeitet und neu erstellt.
Das Jahr 2021 –„Geprägt von Licht und Schatten“
Oberbürgermeister Michael Salomo, der früher selbst als Sanitäter im Rettungsdienst tätig war, bedankte sich bei den Feuerwehren für das Engagement, sich für andere Menschen freiwillig einzusetzen. Wie wichtig dies gerade in der heutigen Zeit und bei künftigen Szenarien ist, sei allen bewusst, so der Oberbürgermeister.
Eine elementare Rolle habe in der Pandemiebekämpfung die Feuerwehr und andere Hilfsorganisationen gespielt, so Landrat Peter Polta und blickte auf das Jahr 2021 zurück, das von „Licht und Schatten“ geprägt gewesen sei. So hatte der Landkreis eine wesentliche Unterstützung von den Kreisfeuerwehren, unter anderem beim Auf- und Abbau des Kreisimpfzentrums und der Besetzung des Quarantänetelefons, erfahren. Polta weiter: „Für diese herausragende und vorbildliche Arbeit möchte ich Ihnen meinen großen Dank aussprechen“.
Im vergangenen Jahr habe sich aber auch einiges Positives bei den Kreisfeuerwehren bei der Beschaffung von Fahrzeugen und beim Neubau von Gebäuden getan: So wurden insgesamt acht Förderanträge gestellt, die allesamt bewilligt wurden. Bei einem Beschaffungsvolumen von rund 3,28 Millionen Euro, kam eine Fördersumme von etwa 716.600 Euro zusammen. So profitierte Demmingen von einem neuen Mannschaftstransportwagen, die Feuerwehren Steinheim und Sontheim von neuen Löschgruppenfahrzeugen und Heidenheim von einem neuen mittleren Löschfahrzeug. Den größten Anteil jedoch machte der Neubau der Integrierten Rettungsleitstelle Ostwürttemberg in Aalen aus, den der Landkreis Heidenheim mit dem Ostalbkreis gemeinsam stemmen. Dank kurzfristig noch verfügbarer Gelder im Regierungspräsidium Stuttgart, konnte die Feuerwehr Heidenheim sowie Sonderkomponenten des Landkreises bereits auf den Digitalfunk umgerüstet werden.
Als eine massive Herausforderung beschrieb der Landrat die aus dem Angriff Russlands auf die Ukraine resultierende Flüchtlingskrise, die den Landkreis in den vergangenen Monaten maximal forderte, um die Geflüchteten gut unterzubringen und zu versorgen. Auch hier sei auf die Kreisfeuerwehren und das THW verlass gewesen, die beim Auf- und Abbau der Notunterkunft in der Landkreishalle geholfen haben.
Neben weiteren Herausforderungen wie der Energieversorgungssicherheit und dem Bevölkerungsschutz, werde es am 8. Dezember 2022 erneut einen bundesweiten Warntag geben, bei dem die Warninfrastruktur getestet werden soll. Hierbei will man auch im Landkreis Heidenheim sehen, an welchen Stellschrauben noch gedreht werden muss.
Buchstäblich im Regen stehen lassen habe der Bund und das Land bei der Errichtung einer Sireneninfrastruktur den Landkreis Heidenheim, so Polta, in dem man bei den Zuwendungen eines Förderungsprogrammes nahezu leer ausgegangen sei. Zwar habe man erst kürzlich die Beschaffung von sechs mobilen Warnsirenen in Auftrag gegeben, um eine Lücke im „Warnmix“ zu schließen, doch sei dringend eine Anpassung des Sirenenförderungsprogrammes in Bezug auf die Finanzierung, aber auch auf die konzeptionellen Aspekte notwendig. Insgesamt wäre zudem die Stärkung der unteren Katastrophenschutzbehörde durch Gelder aus dem Finanzausgleichsgesetz wünschenswert, so Polta weiter.
Freuen konnte sich der stellvertretende Kreisjugendfeuerwehrwart Jochen Hammeley, der einen Scheck über 500 Euro entgegennehmen durfte. Landrat Polta: „Der Landkreisverwaltung ist es ein großes Anliegen, die Jugendarbeit zu unterstützen“.
Grünen-Abgeordneter Martin Grath beschrieb es als ein besonderes Anliegen, an der Versammlung teilzunehmen. „Ich fühle mich sicher durch die Arbeit der Feuerwehr“, so das Mitglied des Landtags von Baden-Württemberg und dankte den Wehren für ihr Tun. Unverständnis zeigte Grath über das Vorhaben des Bundes, der bundesweit rund 100 Millionen Euro im Bevölkerungsschutz streichen will. Im Hinblick auf Krisen, Kriege und den Klimawandel sie dies ein falsches Signal.
Kreisfeuerwehrverband hält Hauptversammlung ab
Verbandsvorsitzender Uli Steeger blickte in seinem Bericht auf die Verbandsarbeit im letzten Jahr zurück. Steeger resümierte, dass man sich im Jahr 2021 abermals aufgrund der Pandemie im sozialen und gesellschaftlichen Leben enorm einschränken musste. Festzustellen bliebe jedoch, dass aufgrund der Disziplin jedes Einzelnen und mit durchdachten Hygienekonzepten sowie vielen weiteren kreativen Ideen, die nicht gerade einfache Situation gemeinsam gemeistert wurde.
„Hoffentlich wird uns die Pandemie lehren, dass unser Leben und Zusammenleben auch im 21. Jahrhundert Gefährdungen und Bedrohungen ausgesetzt ist und wir klug beraten wären, dass, wo immer es möglich ist, wir uns auf derartige Ereignisse gut vorbereiten müssen“.
Mitgliederzahlen der Landkreisfeuerwehren sind stabil
Die Personalübersicht 2021 zeige, dass der Personalstand bei den Jugendfeuerwehren, Freiwilligen Feuerwehren und Altersabteilungen in den letzten Jahren konstant bleibt. Kleine Abweichungen nach oben oder unten seien immer wieder zu verzeichnen. Der aktuelle Stand der Mitgliederzahlen sehe somit im Augenblick noch beruhigend aus. Man hoffe jedoch im Verband, dass die Entwicklung in den kommenden Jahren keine negative Entwicklung nehme.
Manche Fragen bleiben noch offen, so Steeger. Nämlich welche Auswirkungen die Pandemie bezüglich des Ehrenamtes auch langfristig gesehen verursachen.
Im Jahr 2021 fanden keine Kreisveranstaltungen wie der traditionelle Kreisfeuerwehrmarsch und die Abnahme Leistungsabzeichens statt. Verzichten musste man auch auf die Durchführung des Zeltlagers der Jugendfeuerwehren des Landkreises sowie auf das obligatorische Herbstfest der Altersabteilungen. Auf den Punkt gebracht habe alles, was der Kameradschaft und der Pflege der sozialen Kontakte gutgetan hätte, nicht stattfinden dürfen. Ein Lichtblick war jedoch die Tatsache, dass zum größten Teil die Hauptversammlungen der Gemeindefeuerwehren in Präsenz abgehalten werden konnten. Auch die Hauptversammlung der Kreisjugendfeuerwehr und die Kommandanten-Dienstversammlung, verbunden mit der Verbandsversammlung des Kreisfeuerwehrverbandes, fanden statt. Allerdings mussten dabei die stets aktuellen Corona-Vorordnungen beachtet werden. Eingeladen war immer nur der absolut notwendige Personenkreis, welcher für die Beschlussfähigkeit einer Versammlung dringend erforderlich war. Zudem wurde auch die Tagesordnung auf das Wichtigste reduziert.
Nachdem die Finanzen des Verbandes offengelegt wurden, erfolgte die einstimmige Entlastung durch Heidenheims Oberbürgermeister Salomo.
Hohe Ehrungen für Otto Feil und Oberbürgermeister a.D. Bernhard Ilg
Die Ehrennadel des Kreisfeuerwehrverbandes Heidenheim wurde an diesem Abend Otto Feil verliehen. Für die stets hervorragende Zusammenarbeit der beiden Nachbarlandkreise war der Kreisbrandmeister a. D. aus dem benachbarten Ostalbkreis stets ein verlässlicher Partner.
Der Höhepunkt des Abends war die Ehrung des ehemaligen Oberbürgermeister Heidenheims Bernhard Ilg, dem Uli Steeger unter stehenden Ovationen der Versammlung die Ehrenmedaille in Gold des Landesfeuerwehrverbandes Baden-Württemberg aufgrund verlieh. Bernhard Ilg am Schluss seiner Dankesrede: „Wenn’s ernst wird, hat man eine Truppe, auf die man sich als Bürgermeister immer verlassen kann – Die Feuerwehr“.
Musikalisch umrahmt wurde die Veranstaltung vom Spielmannszug der Freiwilligen Feuerwehr Giengen unter der Leitung von Daniel Ratter, der erst kürzlich mit einer Bronzemedaille bei dem deutschen Wertungsspielen in Freiburg abschnitt.
2021 auf einen Blick (Freiwillige Feuerwehren und Werkfeuerwehren)
1469 Einsätze
121 Menschen aus Gefahrensituationen und Notlagen gerettet
2559 Feuerwehrangehörige
1514 Aktive Einsatzkräfte
370 Kinder und Jugendliche
584 Senioren in den Altersabteilungen




